Wenn „Neue Serie“ keine Neuauflage mehr ist
Das letzte Mal, dass Rolex eine Produktlinie mit einem völlig neuen Namen einführte, war die Sky-Dweller im Jahr 2012. Dreizehn Jahre später hat die Land-Dweller den Uhrenjournalisten in Basel und Genf kollektiv den Schlaf geraubt – nicht etwa, weil das Modell selbst revolutionär wäre, sondern weil wir endlich ein neues Zifferblatt mit einer Krone erhalten haben, die weder eine GMT noch ein Chronograph ist. Dieser Artikel konzentriert sich auf das „zugänglichste“ 40-mm-Rolesor-Modell 127334, und zwar aus einem einfachen Grund: Es könnte die Einstiegsschwelle von Rolex für das nächste Jahrzehnt definieren.
Positionierung: Die Grauzone zwischen Datejust und Day-Date
Modell |
Material |
Durchmesser |
Lünette |
Preis (EUR) |
Datejust 41 126334 |
Stahl + Weißgold |
41 mm |
Geriffelt |
11.150 |
Landbewohner 127334 |
Stahl + Weißgold |
40 mm |
Geriffelt |
15.350 |
Tag-Datum 228239 |
Weißgold |
40 mm |
Geriffelt |
47.600 |
Rolex reiht die Land-Dweller offiziell in seine „Classic Collection“ neben Datejust, Sky-Dweller und Oyster Perpetual ein. Die Rolex-Version verfügt jedoch über eine Weißgoldlünette und ein integriertes Armband – Elemente, die bei der Datejust entweder optional erhältlich sind oder ganz fehlen. Dadurch entsteht eine interessante Preislücke: 4.200 € mehr als eine Datejust, aber über 30.000 € weniger als die günstigste Day-Date. Rolex fasst dies als Kombination aus „der Raffinesse der Datejust, dem Prestige der Day-Date und der sportlichen Eleganz der Land-Dweller“ zusammen. Im Klartext: Sie möchten Geld für eine Stahluhr ausgeben, aber etwas „hochwertigeres als eine Datejust“ haben? Die Land-Dweller ist die Lösung.
Gehäuse: Integriertes Federhaus-Design, mehr „Vintage“ als die Submariner
Form: Ohne traditionelle Bandanstöße gehen Mittelgehäuse und Armband nahtlos ineinander über und erinnern sofort an die Oysterquartz 1630 von 1977.
Abmessungen: 40 mm × 9,7 mm × 46,5 mm (Bandanstoß zu Bandanstoß). Die Dicke ist 2,3 mm geringer als bei der Datejust 41, sodass sie mühelos unter die Hemdmanschette passt.
Veredelung: Erstmals wendet Rolex bei einem Modell der klassischen Kollektion sowohl ein „technisches Satin-Finish“ (lineares Bürsten) als auch polierte Facetten an. Bei seitlichem Licht erkennt man eine extrem feine, spiegelpolierte Gratlinie – eine Behandlung, die bisher der Royal Oak vorbehalten war.
Lünette: 60 Rillen, breiter und dreidimensionaler als die 72 Rillen der Datejust, aber schmaler als die gezackte Lünette der Submariner; aus der Ferne ähnelt sie einer Miniatur-Yacht-Master aus Weißgold.
Gehäuseboden: Der Saphirglasboden stellt das Uhrwerk 7135 endlich in den Mittelpunkt; 100 m Wasserdichtigkeit bleiben die alltägliche Obergrenze.
Zifferblatt: Laser-Wabenmuster + solide Lumineszenz, Rolex‘ „subtile Effekthascherei“
Wabenmuster: Femtosekundenlaser schneiden 0,12 mm große sechseckige Zellen in das versilberte Zifferblatt und ätzen anschließend konzentrische Kreismuster zwischen den Einheiten. Das Ergebnis ist „Volltonfarbe aus der Ferne, Relief aus der Nähe“ – dreidimensionaler als traditionelle Guilloche, aber dezenter als Tapisserie.
Ziffern: Die 6 und 9 bestehen aus hohlen, dreidimensionalen Blöcken, die mit Rolex‘ patentiertem „leuchtendem Keramikharz“ gefüllt sind. Einfach ausgedrückt handelt es sich dabei um zusammengesintertes Super-LumiNova und Keramikpulver mit einer Härte, die mit Saphir vergleichbar ist und eine gleichmäßigere Leuchtkraft aufweist.
Farben: Die erste Rolesor-Version ist ausschließlich in „Tiefweiß“ erhältlich. Die matte Basis reduziert Reflexionen, während die Wabenzellen bei schwachem Licht einen seidenartigen Glanz abgeben. Das Platinmodell verfügt ausschließlich über ein eisblaues Sunburst-Zifferblatt, ist aber mit 63.500 Euro für die meisten unerschwinglich.
Streitpunkt: Die Kombination aus Wabenstruktur und Riffelung lässt das Zifferblatt „zu unruhig“ erscheinen. Viele Journalisten forderten künftig Versionen mit glatter Lünette oder schwarzem Zifferblatt. Rolex hat darauf nicht reagiert, aber die Geschichte zeigt, dass beliebte Modifikationen oft im dritten oder vierten Jahr unbemerkt auftauchen.
Flat Jubilee: Ein unterschätztes Armband
Aufbau: Fünfgliedrige Kette, jedoch mit abgeflachten und polierten Mittelgliedern, während die äußeren Glieder das technische Satin-Finish behalten; optisch „integrierter“ als die traditionelle Jubilee, aber eleganter als die Oyster.
Verbindung: Mit nur 8,9 mm zwischen den Bandanstößen hat Rolex die Bandanstoßlöcher mit einer Wolframkarbidbeschichtung versehen, während die Federstege in Keramikhülsen eingewickelt sind – wodurch die Torsionsfestigkeit offiziell um 38 % erhöht wird und ein „Durchhängen des Armbands“ bei längerem Tragen verhindert wird.
Verschluss: Verdeckter Crownclasp ohne Feineinstellung. Die kurzen Glieder sind jeweils ca. 3 mm lang, sodass die meisten Träger, Perfektionisten ausgenommen, die richtige Passform in einem Versuch erreichen.
Haptik: Die verkürzten Glieder sorgen für eine titanähnliche Leichtigkeit, obwohl der 904L-Stahl immer noch für ein beachtliches Gewicht sorgt; bei Sommerhitze fühlt sich die Satinierung hautfreundlicher an als polierte Oberflächen.
Kal. 7135 + Dynapulse: Die sanfte Revolution bei 5 Hz
Technische Daten |
7135 |
3235 (Datejust) |
Frequenz |
36.000 Halbschwingungen pro Stunde / 5 Hz |
28.800 Halbschwingungen pro Stunde / 4 Hz |
Hemmung |
Dynapulse (Silizium-Doppelräder + Pulshebel) |
Chronergy (Schweizer Hebel) |
Unruhspirale |
Syloxi (Silizium) |
Parachrom (Niob-Zirkonium-Legierung) |
Gangreserve |
66 Stunden |
70 h |
Anzahl der Komponenten |
202 |
201 |
Tagessatz |
−2/+2 s |
−2/+2 s |
Dynapulse: Rolex verwendet erstmals zwei Silizium-Hemmungsräder in einer klassischen Kollektion. Es handelt sich nicht um eine natürliche Hemmung, sondern überträgt tangentiale Impulse über einen Hebel an die Unruh. Dadurch wird die Reibung um 30 % reduziert und die Effizienz um 30 % gesteigert.
Keramik-Unruhwelle: Zirkoniumbasierte Keramik ersetzt herkömmliche Stahlwellen und ist 8-mal härter, was die Stoßfestigkeit offiziell um 25 % verbessert.
Syloxi 2.0: Neu gestaltete Spiralfederdicke, um den Drehmomentanforderungen von 5 Hz zu entsprechen; immer noch frei federnd, mit Feineinstellung über Microstella-Muttern.
Freude am Sichtboden: Genfer Streifen sind jetzt mit polierten Rillen durchsetzt, während Brückenfasen unter Vergrößerung champagnergold erscheinen – Rolex hat seinen Uhrwerken endlich ein Finish in „Ausstellungsqualität“ verpasst.
Tragegefühl am Handgelenk: Wie sich 40 mm wie 38 mm tragen
Für 16,5 cm Handgelenke: Die 46,5 mm Bandanstoßlänge ragen knapp über die Handgelenkkante hinaus, aber die Dicke von 9,7 mm ermöglicht ein müheloses Übergleiten der Ärmel.
Gewichtsverteilung: Das integrierte Armband verteilt das Gewicht auf den gesamten Handrücken und vermeidet so das bei der Datejust übliche „kopflastige“ Gefühl.
Optik: Die Lünette aus Weißgold erscheint bei bewölktem Himmel kühl silbern und erwärmt sich im Sonnenlicht zu einem sanften Weiß; das Zifferblatt mit Wabenstruktur reduziert den Effekt des „blendend weißen Zifferblatts“.
Vielseitigkeit: Anzug + tiefweißes Zifferblatt = eleganter Arbeitsweg, Jeans + Satin-Finish = lässiges Wochenende. Bedauerlich ist lediglich die fehlende GMT-Funktionalität, sodass für Langstreckenflüge eine Rückkehr zur 126710 erforderlich ist.
Preisgestaltung und Wettbewerb: Rolex lässt sich Spielraum
Marke |
Modell |
Preis (EUR) |
Bewegung |
Merkmale |
Rolex |
Land-Dweller 40 |
15.350 |
7135 / 5 Hz / Dynapulse |
Integriertes Armband / Zifferblatt mit Wabenmuster |
Zenit |
Defy Skyline 41 |
9.400 |
El Primero 3620 / 5 Hz |
Achteckige Lünette / Schnellwechselarmband |
Hausarzt |
Laureato 38 |
15.100 |
GP01800 / 4 Hz |
Integrierte / keine Displayrückseite |
Chopard |
Alpine Eagle 41 |
15.900 |
01.01-C / 4 Hz |
A223 Stahl / Eagle-Iris-Zifferblatt |
Fazit: Im Bereich um 15.000 € findet die Land-Dweller kaum markengleiche Konkurrenz – Omega stoppt bei der Aqua Terra bei 11.000 €, während die 5711 von PP bei 30.000 € startet. Rolex hat mit Dynapulse die technische Obergrenze um 30 % angehoben und den Preis bei 15.000 € verankert – und stellt die Konkurrenz vor ein Dilemma: Entweder 5 Hz oder niedrigere Preise.
Abschließende Gedanken: Kaufen oder nicht? Hängt von Ihrer Prämie für „Die Zukunft“ ab
Die Land-Dweller ist zwar nicht unbedingt Liebe auf den ersten Blick, wird aber bei längerem Tragen zum „Alltags-Ass“. Sie vereint die drei größten Stärken von Rolex – Präzision, Langlebigkeit und Markenbekanntheit – in einem 9,7 mm dicken Gehäuse. Für 4.000 € Aufpreis erhält man integrierte Eleganz, die eine Datejust niemals bieten kann, sowie die 5-Hz-Laufruhe, die eine Submariner nicht erreichen kann.
Wenn Sie an Rolex' Iterationsphilosophie glauben, dann ist die 127334 der „Stahlkönig“ des Jahres 2025. Wenn Sie einfach eine Uhr wollen, die Sie dreißig Jahre lang tragen können, ist die Datejust 126334 nach wie vor zuverlässig. Die Wahl liegt bei Ihnen, aber die Krone hat die Richtung vorgegeben: Im nächsten Jahrzehnt wird die Land-Dweller die Datejust als „Torwächterin der Stahluhren“ ablösen.
Aktie:
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